Die Hirschberger Bibel
Das bewährte Bibelwerk mit sehr sorgfältigen Parallelstellen
Ihren Namen hat die Hirschberger Bibel, weil sie zuerst in Hirschberg (Schlesien) im Verlag Immanuel Krahn erschienen ist. Ihr Verfasser war der gelehrte, tüchtige und fromme lutherische Pfarrer Ehrenfried Liebich (1713-1780) zu Lomnitz und Erdmannsdorf bei Hirschberg, der 15 Jahre an dem bedeutenden Bibelwerk arbeitete. Liebich zählt zu den besten deutschen Liederdichtern der Mitte des 18. Jahrhunderts: biblisch, herzlich und gut im Stil, immer erbaulich (4). Besonders von Gellert zum Dichten ermuntert, hat Liebich über 230 Lieder gedichtet, von denen einige auch ins Englische übersetzt wurden und zum Teil noch heute gesungen werden:
- Gott ist getreu (Jesus unsere Freude 465)
- Hier ist mein Herz! Mein Gott, ich geb es Dir (Geistlicher Liederschatz 416)
- Kommt und lasst uns beten (Wolga-Gesangbuch 273)
- Vater, sende uns vom Himmel gnädig Deinen Heilgen Geist (Geistlicher Liederschatz 233)
- Nun bringen wir den Leib zur Ruh (Geistlicher Liederschatz 1069 / EG Bayern/Thüringen 669)
Liebichs verdienstvoller und tüchtiger Mitarbeiter war Johann Friedrich Burg (1689-1766), der nicht nur die sehr zu beachtende Vorrede zum Bibelwerk geschrieben und das ganze Werk durchgesehen hat, sondern vor allem auch selbst dabei als Erklärer tätig war. Burg war lutherischer Oberkonsistorialrat zu Breslau und angesehener Prediger (seine Predigtsammlung umfasst sechs Bände). Er schuf 1742 das berühmte Breslauer Gesangbuch, das in der schlesischen Kirche länger als anderthalb Jahrhunderte in Geltung stand, und setzte sich für die lutherische Kirche ein, sodass unter seiner Mitwirkung allein im Bezirk Breslau mehr als 200 neue evangelische Kirchen errichtet wurden.
Dennoch fand das treffliche Werk, als es 1756-1765 in drei Teilen erschien, in jener Zeit des zunehmenden Unglaubens so geringe Verbreitung und wurde so wenig gewürdigt, dass mehr als 1.000 Exemplare als Altpapier von Lebensmittelhändlern und Tapezierern aufgekauft und vernichtet wurden.
Aber mit der Neubelebung des christlichen Glaubens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erneuerte sich auch die Nachfrage nach diesem „vergessenen Schatz gottseliger Forschung und erleuchteter Auslegung der Heiligen Schrift”, der „allen denen, die beim Lesen und Betrachten des göttlichen Wortes einen Philippus-Dienst (Apg 8,30f) benötigen, eine einfache, dem Verständnis sowohl als der Erbauung dienende Erklärung der Worte des Lebens” darbot. So wurde 1844 mit finanzieller Unterstützung von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen eine Neuausgabe in einem Band realisiert, der dann noch bis 1861 drei Nachdrucke folgten. Dank König Friedrich Wilhelm IV. wurden 20.000 Hirschberger Bibeln als ein königliches Geschenk allen Seminaren und evangelischen Schulen in Preußen überreicht und damit ein Hilfsmittel für die rechte Benutzung und Auslegung des göttlichen Wortes in die Hände derjenigen gelegt, die Gottes Wort täglich in die Herzen der Jugend zu pflanzen berufen sind.
Das Werk sollte den Liebhabern und Verehrern des göttlichen Wortes den rechten Sinn der Schrift an schwierigeren Stellen darlegen und die für jeden, auch den gemeinen Mann zur Seligkeit zu wissen unentbehrlichen Wahrheiten in helles Licht stellen. Auch sollte das Bibelwerk helfen, scheinbare Widersprüche aufzuklären und Spöttereien abweisen und die Argumente der Gegner der Bibel, die ihr Ungereimtheiten vorwerfen, zu entkräften.
Beispielseite der Hirschberger Bibel
1. Einleitung
Zu jedem Bibelbuch gibt es eine übersichtliche Einleitung.
2. Kapiteleinteilung
Zu Beginn jedes Kapitels werden die Abschnitte benannt.
3. Parallelstellen
Die Hirschberger Bibel hat ein sehr gutes Parallelstellen-System und unterscheidet sogar, ob es sich um eine Wort- oder Sachparallele handelt.
4. Erklärungen
Die Erklärungen bringen auf den Punkt, was in manchen Kommentaren auf mehreren Seiten beschrieben wird.
Quellen:
(1) Bormann, Karl (1864). Die Hohenzollernschen Landesherren und die Bibel: eine Jubelschrift zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens der Preußischen Haupt-Bibel-Gesellschaft. Berlin: Wiegandt und Grieben. (S. 117-119).
(2) Evangelical Lutheran Synod of Missouri, Ohio, and Other States. (1927). Theological Monthly. St. Louis, Mo: Concordia Publishing House. (S. 59).
(3) Hirschberger Bibel (1926). Konstanz: Carl Hirsch. (Vorwort auf S. I-II).
(4) Julian, John (1907). A Dictionary of Hymnology. London: John Murray.
(5) Meusel, Carl (1887). Kirchliches Handlexikon. Leipzig: J. Naumann. (Band 1, S. 438).
(6) Pieper, Reinhold (1900). Wegweiser durch die theologischen Disziplinen und deren Literatur für theologische Studenten und Pastoren bei Anschaffung einer Bibliothek. Milwaukee, Wisconsin: Germania Publishing Company. (S. 6).
(7) Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche³. (1896-1909). Leipzig: J. C. Hinrichs. (Band 3, S. 184f).
(8) Schott, Heinrich (1835). Geschichte der deutschen Bibelübersetzung D. M. Luthers und der fortdauernde Wert derselben aus den Quellen ausführlich dargestellt, etc. Deutschland. (S. 176).
(9) Thilo, Wilhelm (1864). Geschichte der Preußischen Haupt-Bibelgesellschaft in ihrem ersten Halbjahrhundert 1814-1864. Berlin. (S. 182).
Bildnachweise
(in der Reihenfolge, wie die Bilder von oben nach unten erscheinen):
Bild 1 (Portrait Pieper): https://www.facebook.com/WELSHistoricalInstitute/photos/on-this-day-in-1850-reinhold-pieper-was-born-in-carwitz-pomerania-germany-died-3/545724236065343/
Bild 2 (Portrait Liebich): https://www.deutscheslied.com/de/search.cgi?cmd=composers&name=Liebich%2C%20Ehrenfried
Bild 3 (Potrait Burg): https://st.museum-digital.de/index.php?t=objekt&oges=87013
Bild 4 (Meusel): zvab.com
Bild 5 (Schott): https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_August_Schott
Bild 6 (Realencyclopädie): https://www.konversations-lexikon.de/ek-16127/albert-hauck-realencyclopaedie-fuer-protestantische-theologie-und-kirche-begruendet-von-j-j
Bild 7 (Fürbringer): http://backtoluther.blogspot.com/2012/04/little-historians-and-brief-statement.html
Bild 8 (Beispielseite): eigenes Bild